Konzertplakat 19.02.2000


Volle Dröhnung

In memoriam "AC/DC": "Powerage" im Life

Kaufbeuren

"Wo rohe Kräfte sinnlos walten" hätte Friedrich von Schiller sicherlich ausgerufen beim Hardrock-Konzert im Kaufberer Stachus/Life. Menschen, die sich zum harten Sound der Band "Powerage" wahlweise mit Bier übergießen, am Boden wälzen oder die Mähne schütteln bis zum Umfallen. "Powerage" selbst kamen dem Original teilweise erstaunlich nahe - "AC/DC", nämlich, den Vätern des wüsten Proll-Rocks.

Als "AC/DC"-Revival-Band verstehen sich die Kaufbeurer "Powerage", die anlässlich des 20. Todestages von Bon Scott, dem charismatischen Säger der australischen Vorbilder, ein Gastspiel gaben. Dass nur Songs aus der Ära Scott von 1974 bis 1979 gespielt wurden, war Programm. Hart und laut, so mochte es das gut hundertköpfige Publikum im Life. Doch das war zunächst zurückhaltend und Frontmann Cris unkte schon: "Vor zehn Jahren haben wir auch schon gespielt, aber da waren die Leute besser drauf". Jedoch stieg die Stimmung allmählich, und gerade der "AC/DC"-Insider kam auf seine Kosten, zumal "Powerage" eine Reihe von weniger bekannten Titeln im Gepäck hatten. Sei es die Rock'n'Roll-Hymne "It's a long way to the top", das originelle "Can I sit next to you girl" oder das kommerziellere "Touch too much". Es sind eigenständige, erdige, eingängige Songs, die stets nach demselben Muster gestrickt sind: eine simple Stimme, die seinerzeit auch thematisch direkt ins Herz der unterprivilegierten Volksseele traf, die sich mit Sex'n'Drugs'n'Rock'n'Roll Luft verschaffte.

"Habt ihr Hochspannung in den Adern?", wollte Säger Cris vom Publikum wissen. Na klar, bei "High Voltage" kamen die Leute in Schwung. Noch ein paar Klassiker draufgesetzt - "Highway to hell", "Dirty deeds", "TNT" -, und im Publikum gab es kein halten mehr. Die Songs wurden mitgegrölt, dazu die Luftgitarre ausgepackt und die Haarpracht geschüttelt bis zur Extase. Ein Fan missinterpretierte das Lied "Soul stripper", indem er sich vor der Bühne die Klamotten vom Leib riss.

Noch schnell die Zugaben, dann ging "Powerage" die Power aus. Trotzdem hat die Band solide Arbeit geleistet. Ob es allerdings bei Sänger Cris nur an einer angeblichen Erkältung lag, dass seine Stimme sich so gar nicht nach Bon Scotts Organ anhören wollte? Untergegangen ist auch der eigentliche Anlass des Auftritts, das Gedenken an die Legende Scott. Unvergessen hingegen bleibt der rotzig-revolutinäre Rock von "AC/DC", dessen "rohe Kräfte" im Life jeder spüren konnte. Diese übertrugen sich blitzschnell wie Hochspannung auf die Fans, und Schiller wäre heute mehr denn je überzeugt von seinen Worten.

Christian Göler
Allgäuer Zeitung Kaufbeuren vom 26. Februar 2000


Letzte Änderung am 1. Januar 2001.
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